Central-Interchange-Schwachsinn

Sie müssen das Bild nicht dechiffrieren können – es sei denn, Sie kommen aus Chemnitz. Dann erkennten Sie den Zentralen Umsteigebahnhof Ihrer Stadt (© Wikipedia). Jaja, so sieht er aus, wenn keiner Bus oder Bahn fahren will.

Vielleicht aber finden die Chemnitzer Ihren Bahnhof auch nicht mehr. Denn in den Verkehrsmitteln der Stadt wird die Zentrale Umsteigestelle zur Zeit als Central Interchange Point (CIP) bezeichnet. Die Kunstsammlung der sächsischen Stadt ruft eine freundliche Stimme als Arts Collection aus. Such a schmarrn! Übrigens, danke an die wöchentlichen Informationen des Vereins Deutsche Sprache (VDS), denen ich diesen Hinweis entnahm; der VDS-Infobrief beruft sich dabei auf die Sächsische Zeitung/Sächsische Morgenpost. 

Warum dieser Nonsense, dieser horrible? Ich darf die Sächsische zitieren: „Die Idee kam vom Studentenrat der TU, um ausländischen Studenten die Orientierung zu erleichtern“, so CVAG-Sprecher Stefan Tschök (55). Derzeit denglischt es auf den von Studenten frequentierten Linien 2 und 51. An der TU sind 850 Ausländer eingeschrieben, die meisten kommen aus China und Indien. CVAG steht für die Chemnitzer Verkehrs AG.

Aha. TU-Studenten. In der Bäckerei bestellen die dann, weil es jeder versteht, bagels, sie trinken ihr beer und gehen zu den lectures, die gehalten werden in … Englisch? Deutsch? Sächsisch?

Ich halte das für hausgemachten Schwachsinn. Ohne jede Not bringt man die ausländischen Studenten dazu, nicht Deutsch lernen zu müssen, sondern es sich bequem einzurichten in einem Angebot für 850 – in einer Stadt von 250.000 Einwohnern.

Wir haben keinen Wirbel gemacht. Wenn es keine Fundamentalkritik gibt, wollen wir ein halbes Jahr testen, dann weiter überlegen, sagt Unternehmenssprecher Tschök. Wenn wir eine Großstadt sein wollen, halte ich die englischen Durchsagen für legitim.

Falsch, Herr Tschök!

München ist eine Großstadt, Hamburg ist eine, Köln auch Berlin auch. Ich vermute einfach mal, dass diese vier deutschen Millionenstädte deutlich mehr ausländische Studenten haben als Chemnitz. Die Durchsagen kommen dort auf Deutsch – und es gibt keinerlei Berichte darüber, dass Studenten nicht ankämen oder Ihre Vorlesungen versäumen ob verpasster Anschlüsse. Und Sie sollten mal, Herr Tschök, sich vorstellen können, was passierte, wenn dem Münchner Normalgrantler die Durchsagen in der U-Bahn auf Englisch kämen …

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