Als ich das las, stellten sich die kleinen Härchen am Unterarm auf. Ich stand da also bei meinem Lieblings-Italiener, blätterte in meiner liebsten Heimatzeitung, der Nürnberger, und fühlte mich unwohl bei der Lektüre dieses Interviews mit einer Tochter von Ulrike Meinhof, mit Anja Röhl. Die ist der Meinung aus ihrer ganz ganz ganz persönlichen Sicht auch noch etwas zur Mutter schreiben zu müssen – und gibt daher gern Interviews.
Der Fragende fragt: … dass Sie sich Meinhof nicht gewalttätig vorstellen können – zumal diese (gemeint ist Ulrike Meinhof, ML) dem Kind Anja gelehrt habe, dass Gewalt …
Schluck. Das Verb lehren mit dem Dativ; die Person, die etwas lernen soll, im dritten Fall? Haben wir das in der Schule nicht anders gelernt? … zumal diese das Kind Anja gelehrt habe …, Akkusativ? Ja, haben wir. Der Duden gibt mir recht. Die Erinnerung – und das Sprachgefühl – reichen aus.
Die Grammatik sagt, zitiert nach Richtiges und gutes Deutsch, Duden Verlag, 7. Auflage, Mannheim 2011: Im heutigen Sprachgebrauch steht nach lehren im Allgemeinen der doppelte Akkusativ, d. h. ein Akkusativ der Person(!) und ein Akkusativ der Sache(!): Man lehrte sie die französische Sprache. Ich habe mir erlaubt, die Ausrufezeichen einzubringen.
Na, bitte!
Doch bevor ich leise triumphierend – bei meinem Italiener interessieren derart Spitzfindigkeiten niemanden wirklich, aber man lässt mich – meinen doppelten Espresso ausschlürfte, las ich weiter im Duden, gleiche Stelle: Der Dativ der Person (im Aktiv und im Passiv), seit dem 17. Jahrhundert nachweisbar, wurde im 18. Jahrhundert häufig gebraucht. Er nahm dann im 19. Jahrhundert wieder ab, tritt jedoch nach wie vor auf: Lange hatte er scheinbar vergeblich sich bemüht, … ihm die Sprache zu lehren (Hermann Hesse).
Na, danke! Hatte ich folglich Unrecht. Falsch ist die Frage nicht, nur – sagen wir mal – gewöhnungsbedürftig. Und: Wieder was gelernt!