Heute sind wir nachtragend

Fleißige Leser dieser kleinen täglichen Erheiterung werden sich daran erinnern, dass ich in den vergangenen Tagen nichts so sehr hervorgehoben habe wie die neue Duden-Auflage, die 26. Heute sei dazu etwas nachgetragen. Leser Ulrich Schol hat mich auf ein Blog in England aufmerksam gemacht (in den Kommentaren), in dem es um die Vulgärität (das Wort gibt es so) des Worts Shitstorm geht. Nachtrag, nachmittags: Auch lesenswert, das Sprachlog zu diesem Thema.

Sie wissen nicht genau, was das ist? Dann darf ich die Seite Anglizismus des Jahres zitieren: Das Wort bezeichnet eine unvorhergesehene, anhaltende, über soziale Netzwerke und Blogs transportierte Welle der Entrüstung über das Verhalten öffentlicher Personen oder Institutionen, die sich schnell verselbstständigt und vom sachlichen Kern entfernt und häufig auch in die traditionellen Medien hinüber schwappt. Und der neue Duden, Seite 978: (Entrüstungssturm ((mit Beleidigungen)) in einem Internetmedium). Warum dort merkwürdig gesetzte Klammern den Sinn erhellen sollen, ist mir nicht klar.

Wenn also ein Herr B. in einem seiner Lieder vollen shit schreibt, erntet er storm in den sozialen Netzen, und nicht nur dort, wie Sie unten sehen werden. Sie tragen mir bitte nicht nach, dass ich die Bedeutung von Shitstorm einmal umgemünzt habe.

Dieses Wörtchen, frisch im Duden, zeigt wohl dreierlei: Erstens … Moment mal, haben Sie da oben Anglizismus des Jahres gelesen? Ja, im Jahre 2012 war der Shitstorm der Anglizismus des Jahres. Lesen Sie hier. Zweitens muss man nun annehmen, dass sich dieses Wort verselbstständigt hat. Das englische Wort shit zu übersetzen mit dem Duden-Wort (Seite 931) Sche…. greift eben zu kurz. Und drittens hat sich das Wort derart verselbstständig, dass ich vermute – ohne es belegen zu können –, dass auch in den Tagesthemen dieses Wort genannt werden könnte, ohne dass ein Rundfunk sein Räd(t)chen (schwerer Wortwitz, oder?) in Bewegung setzte. Hier noch einmal der Knupf, den Herr Schol zu lesen empfiehlt – mit allen weiteren Links. Ich empfehle den auch.

Das galt es nachzutragen.

130715_Bild_Komma2Eben erwähnte ich das Bush-Idiot, dessen – wie ich finde – justiziable Äußerungen gerade durch die Medien schwirren. Franz Josef Wagner, Chefkolumnist der Bild-Zeitung, zahlte gestern mit grober Münze zurück. Mit gröbster. Herr Wagner hat recht/Recht. Er ist empört. Gut so! Man möge Herrn B. sein großes Maul mit den Mitteln des Rechtsstaats stopfen. Und man möge dabei berücksichtigen, dass Herr B. es aufs wunderbarste geschafft sein, seinen Mist so durchs Dorf zu treiben, dass der Mist auch noch zu Gold wird. Jeder Shitstorm (da haben wir ihn wieder) erhöht die Erlöse. Böse Welt! Zurück zu Herrn Wagner: Denn mich wundert der erste Satz, den Sie links lesen können: Ihr Video „Stress ohne Grund“ ist so eklig (Komma) wie Ratten essen.

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Was sucht das Komma da? Es hat dort nichts zu suchen. Ist gedankenlos. Nun bin ich kein Komma-Fehler-Sucher der nachtragenden(!) Art. Das alles stünde hier nicht, wenn ich nicht in demselben Organ heute  gelesen hätte, was Sie links sehen: Es gibt nur wenige Trainer auf der Welt (Komma) mit seinen Fähigkeiten. Das sagt Herr Thiago (22), seit gestern ein neuer Spieler bei Bayern München, der den Trainer der Bayern, Herrn Guardiola, aus der Zeit bei Barcelona kennt. Herr Thiago kann kein Deutsch. Er wird diesen Satz entweder früher einmal gesagt – oder den Herren der Bild direkt ins Mikrofon diktiert haben. Er wird ihn auf Spanisch gesprochen haben. Die Herren der Bild haben das Komma dort eingefügt, und zwar ohne jede Not. Gibt es neue Kommaregeln im Boulevard?

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