Ich bringe Ihnen mal einen Text nahe, einen komplett ausgedachten. Sie müssen sich vorstellen, dass zwei Menschen, ein Ehepaar, Susi und Hans, in der Küche ihres schicken Hauses am Stadtrand von Delmenhorst sitzen. Hans hatte einen harten Tag; Hans arbeitet im Büro der Stadtreinigung, Susi als Hausfrau; sie kümmert sich liebevoll um die Tochter Elli.
Hier kommt das Beispiel. Wie war dein Tag, fragte Susi, neugierig darauf, was der geliebte Gatte in den vergangenen acht Stunden gemacht haben könnte.
Unterhaltsam, wir hatten die geheime Domino-Meisterschaft im Büro. Ich wurde Zweiter, bemühte sich Hans, die Neugierde seiner Frau zu befriedigen. Ich war froh, dass Kessler nicht reinkam, der hätte uns böse erwischt, brachte er seinen Chef Daniel Kessler ins Spiel.
Na, da habt ihr aber Glück gehabt, pflichtete Susi ihrem Mann bei.
Kessler verliert immer, das macht ihn so böse und nachtragend, erklärte Hans die Psyche seines Chefs, eines Cholerikers vor dem Herrn, 45, Vater zweier Kinder und geschieden.
Elli war heute sehr brav. Ich habe ihr nur einmal die Zigaretten wegnehmen müssen, stellte sich Susi als gute Erzieherin heraus, die den ganzen Tag bemüht, aber alkoholisiert das Haus und die Tochter überwachte.
Und was ist mit dem Alkohol? Wollte sie wieder an den Montepulciano oder hat sie begriffen, dass der preiswertere Carterre auch ausreicht, um fröhlich zu sein, spielte der treusorgende Vater auf die Verschwendungssucht ihrer Siebenjährigen an.
Ende des Beispiels. So weit, so erfunden, so erstunken … so hoffentlich nachvollziehbar. Was Sie vor allem sehen, sind die Sätze nach dem Zitat, nach der Wörtlichkeit, wie ich es nenne. Die sind allesamt – ja, erfunden! – und irrsinnig. Irrsinnig deshalb, weil sie nichts tun, als das zu erläutern, was im Zitat steht. Erstens. Das darf man nicht, das ist unfein. Als Lektor streiche ich das. Wenn das Zitat nicht stark genug ist, lassen Sie es! Wenn Sie es erläutern müssen, ist es schwach. Das zum Erstens.
Und zum Zweitens: Sie finden in dieser Geschichte Informationen im Abgang zum Zitat, die tragend sind: das Alter der Tochter zum Beispiel. Geht gar nicht. Die Familienverhältnisse des Chefs. Ein Unding! Ein Sofortstreichen! In die Abgänge eines Zitats gehört nichts als dies: Wer hat es gesagt? Und allenfalls noch das, was sie oder er beim Sagen oder Antworten tun: … sagte er und griff nach einer Tasse Tee – … antwortete er im Umdrehen – … flüsterte er, nachdem er ihm eine Kugel zwischen die Augen gejagt hatte.
Und da sehen Sie auch schon fast alle Verb-Varianten, die möglich sind. Sie heißen Inquits, vom Lateinischen inquit, er sie es sagte … Diese Inquits sind rar gesät. Zugelassen sind nur die Varianten von sagen, antworten, sprechen, leise sprechen. Sonst nichts. Und schon gar nicht ganze, neue Erklärsätze wie in dem Beispiel im Bildchen. Ja, vielleicht. Wäre durchaus möglich. Damit ist alles gesagt. Alles. Gesagt, zwischen Anführungszeichen. Das ist Beipflichtung in Reinform. Und wiederholt werden muss das nicht mehr.
Und auch der Satz ... überlegt Kerstin laut ist so ein Unding. Laut überlegen ist Sprechen, Sagen. Punkt.
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In eigener Sache
Wenn ich den Blick der geneigten Leserschaft einmal nach links oben lenken darf. Dort steht die Anzahl der bisher erschienenen Beiträge dieses kleinen, feinen Tagebuchs. Ich nähere mich der Tausender-Marke. Gestern hat der Papst angerufen. Er meinte so etwas wie indredibile. Herr Gauck schickte einen Handgeschriebenen, in dem er mein Werk als eine Art Mauerfall im Zuge der Befreiung des Deutschen von den Zwängen babylonischer … Der Rest ging in Tränen unter, jedenfalls war mehr als Tinten-Schmiere nicht zu erkennen. Ich sage einfach: Viel zu früh, Jungs!