Kann das Kannkind schon übers Roadpricing mimsen?

130704_KannkindGestern hatte ich Ihnen den neuen Duden in groben Zügen vorgestellt und eine  Anschaffung empfohlen. Blättern Sie – ein Ausdruck aus der analogen Welt – einfach einen Tag zurück.

Heute blicke ich in den neuen Duden, Auflage 26, und versuche einmal zu erläutern, was da passiert ist. Ein paar Fakten und ein paar neue Wörter – drum geht es jetzt.

Fakten erst einmal, Quelle: Duden. (1) 140.000 Stichwörter, 5.000 neue seit der Auflage 25; die erste Auflage von 1880 hatte rund 28.000 Einträge.
(2) 300.000 bis 500.000 Wörter umfasst der Grundwortschatz der deutschen Gegenwartssprache.
(3) Der aktive Wortschatz eines deutschen Normalos, also Sie und ich: 12.000 bis 16.000 Wörter.
(4) Ein durchschnittliches Duden-Wort hat 10,6 Buchstaben.
(5) Längstes Wort im Duden: Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung mit 36 Buchstaben. Hoppla, da kennen wir längere, aber die stehen nicht im Duden.
(6) Die häufigsten Wörter in deutschen Texten, Achtung! Überraschung: der – die – das.
(7) Und noch eine Überraschung: der Buchstabe, der am häufigsten vorkommt in deutschen Texten: das e.
(8) Hätten Sie es gewusst? Das deutsche Nomen an sich, es ist weiblich: 46 Prozent der Nomen führen ein die, 34 Prozent ein der und nur 20 Prozent ein das. Ist das nicht ein neuer Beitrag zur Gentrifizierung von Sprache, Herr Professorin Vorständin?
130704_Mimsen(9) Übrigens, 74,3 Prozent der deutschen Wörter sind Nomen; es gibt mehr Adjektive (13,8 Prozent) als Verben (10,1 Prozent). Und da wundert es mich nicht, dass den Deutschen der Nominalstil nachgesagt wird – hey, wir haben von nichts so ausreichend wie von Nomen: ein Ergebnis wie bei einer Bayern-Wahl in den 60ern! Das Verb hingegen, das stärkste Wort in einem Satz, kümmert mit einem FDP-Wunsch-Wahlergebnis vor sich hin, das bunte(!), quälende(!) Adjektiv, das die Sätze überfrachtet, kommt auf ein Grünen-Wahlergebnis. Da freuen wir uns doch, wenn ein mimsen (siehe Bildchen) die Riege der Verben erweitert.

Genug der Kuriositäten und des Wissenswerten, wie es der Duden nennt. Kommen wir zu ein paar neuen Wörter. Das Kannkind zum Beispiel – ich kannte den Ausdruck nicht. Aber das heißt nichts. Ich nenne nur ein paar der 5.000 Neuaufnahmen, die Sie sich zu Gemüte führen können. Wenn Sie wissen wollen, wie neue Wörter ins Standardwerk kommen, schauen Sie sich dies einmal an – an dem Verfahren gibt es nichts auszusetzen.

130704_RoadpricingNeue Wörter in Auswahl: Alkokolschloss (nein, nicht die Behausung von Herrn Berlusconi, sondern die Sperre im Auto) – Arabellion – bespaßen – Bufdi (Bundesfreiwilligendienst) – fremdvergeben – gentrifizieren – hartzen (ja, von Hartz IV)  – Inklusion – Jasminrevolution (Tunesien, siehe Arabellion) – Kannkind (siehe oberstes Bildchen) – Leergutautomat – Merengue (nicht das Schaumgebäck, das ist Meringe oder Meringue, sondern ein mittelamerikanischer Tanzstil) – mimsen (siehe Bildchen) – nanoskalig – Opferzeuge – Parkour – Rabaukin (die Ganovin gab es schon) – ranken (gemeint ist nicht die Pflanze, die sich rankt, sondern das englische Wort für einstufen, to rank, o Graus!) – Roadpricing (noch nie gehört, es geht hier um die Autobahn- oder Straßengebühr. Ich fahre nach Österreich; früher kaufte ich ein Pickerl – so heißt das 8,30-Euro-Teil im Volksmund –, heute unterwerfe ich mich des Road-Pricing, o Graus!*) – Spacko (schwere Beleidigung) – Shitstorm (massenhafte Beleidigung im Internet) – Vollpfosten (schwere Beleidigung) – Vorständin – wellnessen (o, Graus!, derart gibt es einige! Gaming, gamen) – Wutbürger – Zockerpapier.
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Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
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Weil Road-Pricing mich gerade so aufregt: Der Duden führt das Wort Maut. Punkt. Er führt das Wort Bemautung. Punkt. Und er führt das Verb bemauten.

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