Auf der Mauer, auf der Lauer

130306_lauern

Heute bin ich einmal sehr, sehr spitzfindig. Ich liege auf der Mauer, auf der Lauer. Auf der Lauer nach einem Fehlerlein, das mir aufgefallen ist. Meine Heimatzeitung, die Nürnberser Nachrichten, befasste sich vor ein paar Tagen mit der Evangelischen Kirche Baden-Württembergs, die ihre Kirchturmspitzen nicht mehr für Mobilfunk-Sendemasten zur Verfügung stellen will. Kein Handy-Ort, wo Gottes Wort oder Alle Handys stehen still, wenn die Kirche Schweigen will oder so ähnlich – und das in Zeiten, in denen sogar die Kurie twittert und fast nichts so wichtig schien bei der Vorbereitung des Konklave* wie die Abschirmung der 115 in der Sixtina vor Plaudereien der hohen Herren selbst und vor der digitalen Spionage/Gegenspionage. Wir sehen, auch die Kirche hat etwas zu tun mit dem Digitalen. Aber es ist ja in Rom die Katholische. Hier ist es die Evangelische, die ihre Türme ent-masten will.

Meine Heimatzeitung macht daraus den Titel Neben der Kirche lauert das Funkloch. Upssss!

Da sieht man so richtig, wie das Funkloch in Lauerstellung geht. Es bückt sich, es versteckt sich, es steckt die Nase in den Wind zur Witterungsaufnahme. Es spannt die Muskeln an. Alles im Funkloch ist auf ein Ziel gerichtet – nur: auf was? Merken Sie etwas? Ein Funkloch kann nicht lauern. Kein Ding kann lauern? Doch, dazu unten mehr. Aber Mein Balkon lauert auf den Sommer … Neben dem Baum vor meinem Fenster lauert mein Balkon … Der Stuhl auf dem Balkon lauert auf Besetzung. Alles Schmarrn!

Das Verb lauern meint, wie es Wahrigs massives Deutsches Wörterbuch, Seite 924, schreibt: … in böser Absicht abwartend, die Augen zusammenkneifen, durch halb geschlossene Augen sehen. Lauern, das lernen wir da, hat immer etwas mit Gefahr zu tun, mit einem Hinterhalt, mit Beobachtung, mit Warten auf jene Sekunde, in der man zuschlagen kann. Demnach können Menschen lauern, Menschen können beobachten und überlegen, wann sie angreifen. Tiere können das auch. Auf der Lauer: der Fuchs, bevor er die Gans stiehlt. – Der Fuchs lauert auch darauf, dass La Fontaine (Jean de …, nicht Oskar, der heißt Lafontaine) dem Raben endlich das Stück Käse aus dem Schnabel fallen lässt. – Der Dieb lauerte ihr auf. – Amalia, seine erste Frau, lauerte mit dem Nudelholz unter dem Balkon der Julia, bis Romeo mit der Akustischen erschien.

Ein Funkloch, sehr sächlich, kann nicht lauern. Das einzige Nicht-Lebewesen, das lauern kann, ist die Gefahr. Sie kann sich des Verbs bedienen, weil sie sozusagen im Verb immanent ist. Unter dem Balkon der Julia lauert die Gefahr. – Vor dem Gänsestall lauert sie auch – die Gefahr, nicht die Gattin mit dem Nudelholz.

Und nun lesen Sie, bitte schön, die Überschrift noch einmal. Und dann die unterstrichene Zeile darüber, die sogenannte Dachzeile: Gotteshäuser demontieren Sendemasten. Meine Schlussfolgerung daraus: Wo Funklöcher lauern, können auch Gotteshäuser demontieren – was die alles können!
________________________________
Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
*
Falls Sie am Stammtisch oder in einer Sendepause über das Wort Konklave – derzeit sehr aktuell seit dem Einschluss der 115 Papstwähler gestern – etwas loswerden wollen, hier die Fakten: Das Wort kommt aus dem Lateinischen, wo clavis, clavis, feminin, Schlüssel bedeutet; Genitiv: des Konklaves, Plural: die Konklaven. Die Vorsilbe con/cum hat meist etwas zu tun mit zusammen. Die Herren sind also zusammen eingeschlüsselt in einem abgeschlossenen Raum. In der einen Bedeutung, der derzeit aktuellen, geht es dabei um den gesamten Wahlvorgang – das Konklave hat begonnen mit dem Einschluss; es endet mit dem weißen Rauch und „habemus papam“ –, in anderen bezeichnet Konklave aber auch einfach nur einen Versammlungsraum. Ich bin sicher, dass schlagende Verbindungen das Wort ebenfalls nutzen.

In eigener Sache: Morgen lesen Sie hier etwas über zwei andere schöne Wörter mit -au-.

*Anzeige: Die Seite enthält Links zu mehreren Webseiten, auf denen Sie Bücher bestellen können. Hierbei handelt es sich um Werbung. In eigener Sache zwar, aber Werbung bleibt Werbung, weshalb ich Sie an dieser Stelle darauf hinweise.