Neues nördlich der Grenze

150128_WeißwurstNun schauen Sie sich dieses Bildchen erst einmal in Ruhe an, und solange Sie schauen, sage ich etwas über die Quelle des Bildchens: Jürgen Braaatz, ein Herr, den in einer Facebook-Gruppe zu lesen ich das Vergnügen habe, hat es gestern in Hamburg aufgenommen. Genauer: von einer Litfaßsäule am Hansaplatz in St. Georg. Danke, Herr Braatz!

Und nun … naja, Sie haben es erfasst. Das eine ist die Weißwurst, das andere die Weißnichtwurst. Schon dieses Wortspiel ist herrlich, und Hamburger, hey hey! … mutig für einen Landstrich, in den man diese Täglich-bis-12-Uhr-Köstlichkeit aus dem Süden importieren muss, mutig für nördlich der Weißwurstgrenze.

Die kenntnisreiche Wurst fragt, ob es denn bitte Litfassäule oder Litfasssäule (lies: Litfass-Säule) heißen müsse. Hey, und die andere Wurst, die kenntnisfreie, antwortet sprachblasig mit drei S Weisss nicht, so als lege sie die Entscheidung für eine 3-S-Litfasssäule nahe. Dass auch ein 2-S-Weiss hier falsch ist, weiß(sic) sie nicht.

Jetzt hole ich mal die Grammatikkärtchen heraus, und wir schauen uns das Wort Kongreßstraße an, ja, die Kongreßstraße im Ort. Sie schreien, dies sei doch wohl Blödsinn, weil wir ja gelernt haben, dass nach einem kurzen Vokal kein Eszett steht, sondern ein Doppel-S. Und das E in Kongreß sei ja einerseits sehr, sehr kurz und andererseits seien Sie erst neulich zu einem Medizinerkongress auf Hawaii gewesen und der sei ja eben so geschrieben worden, mit Doppel-S.

Hallo, locker durch den Anzug ausatmen, meine Herren! Die Kongreßstraße heißt Kongreßstraße, weil sie schon vor der jüngsten Reform, der Doppel-S-Reform, so hieß und die deutsche Sprache sich nicht anmaßt(sic), etwas zu ändern, das als Eigenname Bestand hatte. Punkt.

Und was hat das jetzt bitteschön mit der Säule zu tun, die wir Litfaßsäule Litfasssäule Litfass-Säule Litfas-Säule Litfassäule nennen?

Vieles.

Die Säule, sie hat mit einem Fass nichts am Hut, auch wenn sie fassig ausschaut. Die Idee, der Name dieser Anschlagfläche leite sich von einem Fass (oder ehemals: Faß) ab, auf dem man Lit(sic)eratur anpreist, ist wenig von den wahren Umständen erfasst. Kurz, die Litfaßsäule (so die einzig korrekte Schreibweise) geht namentlich zurück auf einen Herrn Litfaß, Ernst Litfaß, Berlin, 19. Jahrhundert. Herr Litfaß war Drucker. Noch Fragen? Die beantwortet Ihnen Herr Wiki Pedia hier.

Wir kramen noch mal das Beispiel mit der Kongreßstraße hervor, Sie erinnern sich, Eigenname, schon immer so geheißen, die Straße. Und was machen wir da mit der Litfass-Säule Litfasssäule?

Na, bitte. Und nun wissen Sie auch, warum ich das Bildchen so schon finde. Weil keines der beiden Würstchen recht hat. Und dies auch noch per Litfaßsäule kundtun …

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