Ich habe mich schon zwei Mal darüber echauffiert, wenn Schreiber mit einem Anflug männlichen Gehabes den Missbrauch von Alkohol irgendwie dann doch ein wenig glorifizieren: Hey, das war zwar ein wenig über den Durst – ey, aber Respekt! Was du verträgst! Einmal ging es um den satte 4,2 Promille, einmal um stolze 2,78 Promille.
Hier verrät der Sprachgebrauch der Schreiber, dass sie das dann doch irgendwie oder so, na ja … so schlimm ist das dann doch nicht … finden.
In der kleinen Facebook-Applikation inFranken – Thema: Nachrichten aus meiner kleinen Heimat – fand ich heute den Hinweis darauf, dass sich bei einem Unfall der Wagen einer Frau überschlagen hat. Wie? Ein alkoholisierter 77-Jähriger hatte ihr wohl die Vorfahrt genommen. Die Feuerwehr musste die Frau befreien. Die Frau ist verletzt.
Und wie nennt inFranken diesen Unfall, diesen Überschlag?
Spektakulär! Subtext: Kommt alle und gafft!
Der Einsturz des Wohnhauses in Nordkorea ist nicht … das Grubenunglück in Soma ist nicht … Nein, sie sind nicht spektakulär. Sie sind vielleicht dramatisch // grausam // besorgniserregend // furchtbar // irrsinnig. Aber nicht spektakulär. Auch wenn Hunderte von Gaffern auf der Autobahn anderer Meinung sind.
Ohne Worte, meinerseits.
Und ich bleibe wortlos, weil auch der Duden anderer Meinung ist. Er definiert spektakulär als Staunen, großes Aufsehen erregend: ein spektakulärer Zwischenfall, Kriminalfall, Unfall, Auftritt, Abgang, Wahlsieg, Erfolg, archäologischer Fund, Fallrückzieher – ein spektakuläres Kopfballtor, Foto – spektakuläre Protestaktionen, Landschaften, Filmaufnahmen – seit seinem spektakulären Rücktritt. Nein, ich bleibe dabei: Auch wenn ein Auto, das auf dem Dach liegt nach einem Unfall, nicht zum Alltagsbild einer Stadt gehört – und damit schon Spektakel sein könnte –, so ist es doch lange nicht spektakulär.
Hey, darin bangt eine Frau um ihr Leben! Ihr Spektakel-Gaffer!