Oh weh! Was kommt denn da vom Tegernsee?

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Ich lese gerade den Kriminalroman Tegernseer Seilschaften von Jörg Steinleitner, ein nettes, unterhaltsames Werk, das mich zu Plätzen führt, an denen ich mal gewohnt habe – und nebenbei weniger aufwendig* zu komsumieren als Tom Wolfes Back to Blood, dessen insgesamt 800 Seiten es davor waren, die ich mir abendlich zuführte.
Schauen Sie doch einmal, wie hier das Wort tegernseerischer und Tegernseer behandelt wird, beide mal relativ adjektivisch.

2013-02-09 00.31.06

Im oberen Beispiel heißt es … mit tegernseerischer Lässigkeit …, im unteren … ein Tegernseer Mann … Und was ist nun richtig? Beides, auch wenn Sie diese Antwort erst einmal verwundern wird. Warum?

Adjektiv-ähnliche Konstruktionen mit Ortsbezeichnungen auf -er werden großgeschrieben. Der Berliner Bär – der Hamburger Hafen – der Münchner Oberbürgermeister, also auch alles, was vom kleinen Tegernsee kommt: der wahnsinnig leckere Tegernseer Saibling zum Beispiel oder das Tegernseer Helle, ein Bier aus dem Tegernseer Bräustüberl, das auch in dem Buch vorkommt, das übrigens ein Allgäuer(!) Autor geschrieben hat.

Diese Regel gilt aber nur für die direkt mit -er abgeleiteten Ortsbezeichnungen. Macht man aus dem Münchner Oberbürgermeister den weniger feinen münchnerischen, so wird der münchnerischer Hauptstadtchef geschrieben oder einfach Ude. Und aus der Hamburger U-Bahn wird eine hamburgische oder eine hansestädtische. Was für die Millionenstädte gilt, gilt dann auch für den Tegernsee: Wird’s adjektivisch, wird’s klein: der tegernseerische Saibling – das tegernseerische Bier. Und wenn Sie auf die Idee kommen sollten, an die beiden E am See zu Tegernsee-er noch ein E einzuklemmen, weil Sie das ja so gewohnt sind von Mannheim/Mannheimer – Freiburg/Freiburger – Düsseldorf/Düsseldorfer: Vergessen Sie es! Endet eine Ortsbezeichnung auf einem E, klemmen Sie kein neues E rein: Der Mann aus Karlsruhe bleibt Karlsruher, der Grosshasseloher kommt vom gleichnamigen See Grosshasselohe, und der Ostseer Fisch bleibt einfach so.
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Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben
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Die Diskussionen um die Schreibweise von aufwändig/aufwendig begleiteten die jüngste Rechtschreibreform. Die einen sagten so, die anderen sagten so. Die einen: Es kommt vom Aufwand, also sollte es aufwändig heißen. Die anderen: Es kommt von aufwenden, also sollte es aufwendig heißen. Wissen Sie was? Beides ist richtig, schreiben Sie es, wie Sie es wollen.

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