Wenn der Genitiv dem „trotz“ trotzt

130424_Trotz

Welch ein Zufall: Zwei Mal finden wir auf der Aufschlagseite der heutigen Online-Ausgabe der Bildzeitung die feine Präposition trotz. Einmal in der sogenannten Dachzeile zum Apple-Artikel – Trotz Gewinn-Einbruch, einmal im Artikel über den jubelnden mußmaßlichen Steuer-Superhinterzieher Uli Hoeneß: Hoeneß-Jubel trotz Haftbefehl! Kein Wunder nach dem grandiosen 4:0 seiner Bayern gegen Barcelona.

Ich höre nun vernehmlich jene eine Lichterkette für den Genitiv initiieren, die mit Genitivretter Sick als Gewährsmann nach den Genitiv-S brüllen: Mistblatt! Keine Ahnung von Grammatik! Typisch Bild! KindersprachverderberDas muss doch … trotz Gewinn-Einbruchs und Jubel trotz Haftbefehls heißen!

Gemach! (Dies ist die sechste Sentenz dieses Artikels in Folge mit Ausrufezeichen, Herrschaftszeiten, was für Tage!) Gemach also.

Lehrer LämpelDenn erstens will ich daran erinnern, dass die Präposition trotz auch einmal den Dativ regierte, noch zu spüren an Ausdrücken wie trotzdem, trotz allem. Und zweitens regiert trotz heute meist den Genitiv. Aber nicht ohne Ausnahmen; ich habe mich schon einmal vor mehr als einem halben Jahr dieses Phänomens angenommen, nämlich hier, zum Nachlesen.

Da steht, dass trotz auch in der Hochsprache mit dem Dativ steht, wenn ein Artikelwort fehlt: … trotz hervorragendem Spiel gegen die Katalanen – trotz gutem Ergebnis bei Apple – trotz ausgesetztem Haftbefehl gegen Herrn Hoeneß. In diesen Beispielen ist der Dativ am Adjektiv bei fehlendem Artikelwort – der, die, das und Verwandte – klar zu erkennen, respektive an dessen Flexion auf M.

Und was macht der Hochsprachler bei fehlendem Dativ-Kennzeichen plus fehlendem Artikelwort? Die Antwort finden Sie in den Beispielüberschriften aus der Bildzeitung, die sich hier – trotz allem(!) Erwartens – sprachvorbildlich verhält. Bild trotzt also dem bildungsbürgerlichen Trend?

Nein, sie nimmt nur eine Variante wahr: … trotz Gewinn-Einbruchs und trotz Haftbefehls wären nicht falsch.

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