Sparchsnöden, Folge V: Derselbe und das gleiche

Schreiber und Sprecher machen Fehler, und wer hier welche findet, darf sie behalten. Es gibt indes Fehler, die immer wieder vorkommen. Auf diese dicken Hunde geht diese Serie ein, in loser Reihenfolge, also: immer, wenn mir danach ist, mal wieder den Herrn Besserwiss zu geben, den vermeintlich unfehlbaren.

Ich gebe zu, denselben und den gleichen auseinanderzuhalten, ist nicht ganz so einfach. Und manchmal geradezu philosophisch, wenn man in die höheren Sphären des Nachdenkens kommt.

Einfach sind nur die trennenden Sätze:
√ Dinge, die stofflich identisch sind, sind dieselben, also: derselbe.
√ Dinge, die ähnlich sind, aber eben nicht identisch: die gleichen (denn die gleichen sich).

Es helfen, wie immer, Beispiele: Er fährt das gleiche Auto wie sein Bruder.  Dieser Satz sagt: Beide haben sich einen Fiat Panda XXL 4S gekauft; bei Familientreffen stehen zwei Pandas vor der Tür. Es sind vom Typ her dieselben Autos, stofflich aber zwei verschiedene. Also ist DAS GLEICHE richtig. Das gleiche schreibt man getrennt, zwei Worte.

Ein paar mehr Beispielsätze Sie trug den gleichen Schal wie ihre Freundin.
Begründung: Hey, dasselbe Modell, aber stofflich sind die beiden Schals nicht identisch.

Es war immer das gleiche Geburtstagsfest.
Begründung: Dieselbe Art zu feiern, aber in einem anderen Jahr. Die Art zu feiern ist identisch, aber es ist dennoch nicht dieselbe Feier.

Peter und Petra arbeiten mit dem gleichen Computer.
Begründung: Der Name der Geräte mag gleich sein, aber jedes der beiden Geräte ist dennoch ein anderes, zwei Gehäuse, zwei Tastaturen.

Nun zu dem anderen schweren Wort: Der Besucher trank denselben Tee wie die Hausherrin. Ohne Frage kommt der Tee aus einem (gemeinsamen) Sieb oder einer gemeinsamen Kanne: stoffliche Gleichheit also. Also ist DASSELBE richtig. Der/die/das gleiche schreibt man getrennt, ein Wort.

Ein paar mehr Beispielsätze Sie haben mit derselben Musik Englisch gelernt.
Begründung: Sie hörten die Musik der Beatles, also: dieselbe Musik, einerlei, ob sie aus dem Radio kam oder vom MP3-Player zuhause.

Dieselben Problemen kamen immer wieder hoch.
Begründung: Die Probleme haben sich von gestern auf heute nicht geändert; wenn man so will: stoffliche Gleichheit der Probleme.

Petra war in Hamburg, Peter in den Alpen − sie starrten dieselben Sterne an.
Begründung: Stoffliche Gleichheit, ohne Frage.

Und jetzt zurück zum Text von gestern, zum Plakat von Lidl. Da habe ich geschrieben: „Das gleiche noch mal, nur bildlich umgewandelt. Vom Kürbiskernbrot zum Laugenbrötchen. Backwerk auf jeden Fall.“ Derselbe Text, aber in anderer grafischer Aufmachung. Also: das gleiche noch einmal.

Übrigens: Spitzfindige, die hier anders plädieren (etwa so: stoffliche Gleichheit des Satzes, nur darauf komme es an.)– wohlan!, nur zu!

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Dies ist Folge V der Liste der Sprachsünden. Die ersten vier finden Sie hier:

Das und dass X Das pur X Seit und seid X die Alternative X

 

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