Wenn einer einmal so weit ist …

130911_Kaiser Thomas Bach, der Mann, der so gut focht – fechten ist ein stark flektierendes Verb –, ist nun Chef Präsident des Internationalen Olympischen Komitees IOC. Bild hat schon getitelt: Wir sind Olympia! oder so etwas. Bild darf das. Bild hat auch Wir sind Papst! erfunden.

Meine Heimatzeitung, die Nürnberger, widmete sich gestern diesem IOC-National-Ereignis, zu dem natürlich die halbe Welt gratulierte. Nur von Obama ist indes bisher kein Glück und Segen an Bach bekannt, Putin hingegen, der Herr der kommenden Winterspiele in Sotschi, soll sofort angerufen haben.

Wer darf da nicht fehlen? Franz Beckenbauer. In der Reihe der Gratulanten, die die Nürnberger mit Zitaten abdruckt, ist er der einzige, der Herrn Bach duzt. Beckenbauer duzt alle: Ich war überglücklich, denn ich kenne den Thomas ja schon seit 40 Jahren. Beckenbauer würde auch zu Putin Wladimir sagen und zu Obama Barack. Kennt Beckenbauer Herrn Bach seit 40 Jahren? Nun, das kann sein, denn 1973 wurde Bach Vizeweltmeister – damals ein angehender Großer. Überdies darf Beckenbauer alles. Denn er hat einen Status erreicht, in dem dem München-Giesinger gerade mal Helmut Schmidt (Hamburger, siehe Beitrag vor ein paar Tagen), Karl Lagerfeld (noch ein Hamburger, siehe Chanel und Bankkonto), Dieter Bohlen (gefühlter Hamburger, siehe große Klappe und Bankkonto) und Thomas Gottschalk (Franke, siehe Kritiken auf seine Unterhaltungssendung am Montag) das Wasser reichen können.

Er darf alles, weil man ernst nehmen (siehe den Eintrag vorgestern) muss, was da steht. Denn die Art und Weise, mit der meine Nürnberger Herrn Beckenbauer tituliert, ist phänomenal. Kaiser. Michael Vesper taucht da als DOSB-Generaldirektor auf, Frau Bokel als IOC-Mitglied. Und Herr Beckenbauer? Einfach nur Kaiser. Wenn auch in Anführungszeichen. Aufmerksame Leser dieses kleinen Tagebuchs wissen,  dass ich so etwas wie der Vorsitzende des nicht existenten Europäischen Fecht-Vereins gegen die Anführungszeichen bin – und dessen Schriftführer. Aber in diesem Fall … da müssen sie hin, die Tüddelchen*. Wenn man Herrn Beckenbauer schon als Kaiser bezeichnet – was die halbe Welt aus verhinderten Monarchisten tut (Barack: The Emperor!; Wladimir: Tsar Ferenc!; Angela: Mein Kaiser!) – sollte man das auch relativieren. Hier stehen die Gänsefüßchen zu Recht/recht.

Dies sei einmal gesagt, einerseits.

Andererseits muss man sich schon fragen, ob es überhaupt je wieder einen Deutschen geben wird, der diesen Status erreicht. Beckenbauer ist in allem unanfecht(!)bar. Die Nation prügelte auf Herrn Becker ein, als der aus der Besenkammer kam, Herr Hoeness steht seit Monaten im selbstangezeigten Wind, Frau Käsmann wird nie wieder unter Alkohol links vorne in ein Auto steigen, Herr von und zu Guttenberg beim Metzger nie wieder behaupten, Promovierte seien bevorzugt zu behandeln, Herr Scharping nie wieder in einen Swimmingpool steigen und Herr Steinbrück nie wieder ein Wort verlieren über das miese Gehalt als Kaiser(!) der Republik. Herr Beckenbauer hat gewiss ebenfalls manch dunklen Fleck in seiner Biographie. Was würde er diesem Anwurf aus dem Fußvolk entgegnen? Ja mei … schaumamal … fix, luja, sag i … wiss’ns wos, da oben, auffi am Golf-Court, da wart‘ grad mei Heli mit’m Barack drin …
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Non scholae … Unterm Strich was fürs Leben Bildschirmfoto 2013-09-12 um 09.32.45
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Als ich das Wort Tüddelchen schrieb, hielt ich kurz inne, um zu schauen, ob man Tüddelchen vielleicht nur mit einem D schriebe. Wie das Wort tüdelig, zu dem der Duden festhält: tüŸ|de|lig <Adjektiv> [zu landschaftlich tŸüdeln = zaudern, zöšgern] (norddeutsch): (infolge höheren Alters) leicht einfältig und unbeholfen: Opa ist schon ein bisschen tüdelig; 80 Jahre und kein bisschen tüdelig (Hörzu 14, 1979, 61). Schreibt man aber nicht mit nur einem D, das Wort Tüddelchen ist überhaupt kein Duden-Wort. Dann googelte ich das Wort und fand auf der ersten Seite der Google-Ergebnisliste das Bildchen, das Sie oben sehen: Bilder zu tüddelchen. Und heißa, die ersten beiden Bilder kenne ich, sie stammen aus diesem Tagebuch. Das eine finden Sie hier in dieser Geschichte, das andere hier in dieser. In beiden Geschichten habe ich mich falscher Anführungszeichen angenommen. Überdies heißt es in einem Wikipedia-Beitrag über Anführungszeichen, dass die Bezeichnung Tüddelchen eine norddeutsche sei. Und ja, ich bekenne mich. Ich habe viele Jahre in Hamburg gelebt, die Stadt hat meine Sprache geprägt und meinen Ausdruck. Und so spült der Google-Such-Algorithmus jene Seiten im Netz weit nach vorn, auf die erste Google-Seite, in denen das Wort Tüddelchen häufig vorkommt. Schaut man genauer nach, sind es insgesamt zehn Bilder aus diesem Tagebuch, die Google hochspült; nicht alle haben etwas mit Tüddelchen zu tun. Danke dafür, Google!
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In eigener Sache 
Ich habe im Sommer bei der Münchner PR-Agentur vibrio den Damen und Herren ein wenig Nachhilfe beim Einsatz noch besseren Deutsches gegeben. Die Agentur war so freundlich, meinem Erscheinen einen Dankeschön-Artikel folgen zu lassen. Den lesen Sie hier. Es dominierten 40 Grad, das sehen Sie an den Bildern. Und wenn andere Agenturen dies lesen … und an eine Auffrischung denken ..

*Anzeige: Die Seite enthält Links zu mehreren Webseiten, auf denen Sie Bücher bestellen können. Hierbei handelt es sich um Werbung. In eigener Sache zwar, aber Werbung bleibt Werbung, weshalb ich Sie an dieser Stelle darauf hinweise.